«Ohne Mampf kein Kampf», ist die Devise des Soldaten. Egal in welcher Armee oder bei welchem sonstigen Arbeitseinsatz: Wer chrampft, der muss auch etwas Nahrhaftes zwischen die Zähne bekommen.
Im Zweiten Weltkrieg gab es – im Gegensatz zur Situation in vielen Lagern im Ausland – in schweizerischen Arbeitslagern offenbar keine Probleme mit den Essensrationen. Sprich, sie waren zumindest ausreichend.
So stellt es zumindest Silvano Longhi in seinem Werk über die Lebenssituation der italienischen Juden in der Schweiz dar: «Die Verpflegung in den Arbeitslagern war fast immer deutlich besser als in den militärisch geführten Lagern, auch weil für arbeitende Männer Sonderrationen vorgesehen waren.»
Fluchtpunkt Schweiz für italienische Juden
Nach dem Zusammenbruch des Mussolini-Regimes in Italien wurde es für die Juden besonders gefährlich. Denn mit der Wehrmacht kamen auch SS-Einheiten, die Jagd auf diese spezielle Art von Feinden des Nazi-Staates machten.
Wenn ein italienischer Jude nicht Militärangehöriger war (und dadurch in ein Internierungslager kam) wurde er in der Schweiz meist in einem zivilen Arbeitslager untergebracht. Eines davon, das Lager Zweidlen-Weiach, stand auf Weiacher Gemeindegebiet, direkt vis-à-vis des Ofenhofs (vgl. WeiachBlog Nr. 1699 für ein Luftbild).
Doch zurück zu den Rationen. Longhi lässt Lagerinsassen zu Wort kommen:
«In fast allen Memoiren und in vielen Briefen steht die Verpflegung im Zentrum, der Tenor ist dabei mit Blick auf die Arbeitslager fast immer gleich: So berichtet Mario Stock über das Lager Lajoux: „Das Essen ist bei Weitem besser als in Adliswil, zweimal die Woche Fisch und die anderen Tage Fleisch.“» [Fn-151]
Eine erstaunliche Aussage über ein Lager in den Franches Montagnes im heutigen Kanton Jura, denn in vielen Schweizer Haushalten dürfte solcherlei damals keineswegs selbstverständlich gewesen sein.
250 Gramm Brot pro Tag
«Franco Levi schreibt über seine Erfahrungen in Hinterguldental: „Die Fülle von Brot überraschte mich: ein Viertel eines ein-Kilo-schweren Brotes, das war die Ration eines Tages Schwerarbeit.“» [Fn-152]
250 Gramm Brot entsprechen rund 600 Kilokalorien. Das ist nicht gerade viel, wenn man bedenkt, dass bereits der Grundumsatz für einen 80 kg schweren Mann bei rund 2500 Kilokalorien/Tag liegt, bei körperlicher Arbeit steigt dieser Wert schnell auf 3500 an. In diesem Tal im Solothurner Jura muss es also noch anderes zu essen gegeben haben. Diese Ration allein reicht nicht.
«„Das Essen ist insgesamt gut“, so Carlo Cederna mit Blick auf das Lager in Weiach, „das Brot z. B. ist viel mehr … Abends Kartoffeln und Käse, was viel mehr ist, als ich in anderen Lagern hatte.“» [Fn-153: Cederna, Tagebuch, Einträge vom 9. und 10.2.1944: ASTi, Fondo Broggini.]
Mit diesem letzten Zitat haben wir noch eine Momentaufnahme für den Februar 1944 in Weiach: Brot, Kartoffeln und Käse. Also etwa das, was auch in Bauernhaushalten auf den Tisch kam.
Quelle
- Longhi, S.: Exil und Identität. Die italienischen Juden in der Schweiz (1943–1945). De Gruyter, Berlin/Boston 2017 – S. 85.
- «Jugoslaven». Das Arbeitslager Zweidlen/Weiach im Jahre 1945. Nr. 1688 v. 7. Juli 2021.
- Aus dem «Arbeitslager Zweidlen/Weiach» Entwichene. Nr. 1695 v. 14. Juli 2021.
- Emigranten und Flüchtlinge. Ein rechtlicher Unterschied. Nr. 1696 v. 15. Juli 2021.
- Arbeitslager Zweidlen/Weiach. Der Luftbildbeweis von 1944. Nr. 1699 v. 19. Juli 2021.
- Luftaufklärung. Zum Flurnamen «Rodig» im Hard. Nr. 1700 v. 20. Juli 2021.
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