Der Frauenverein Weiach entstand in seiner heutigen Form im Jahre 1929 bekanntlich aus einem Unterstützungsverein zugunsten der hiesigen Handarbeitsschule heraus, dem «Frauenverein der Arbeitschule Weiach» (vgl. Weiacher Geschichte(n) Nr. 59).
Diese Vereinigung sponserte aktiv die Ausbildung in der Nähschule, wie man sie landläufig nannte und auch heute noch häufig nennt. Das kann man dem Protokoll vom 27. November 1910 entnehmen, wo die Weihnachtsgeschenke für die Handarbeitsschülerinnen aufgeführt sind (vgl. WeiachBlog Nr. 1530):
I. Kl.: Schere und Centimeter
II. Kl.: Nähschachtel
u. Namenbüchli
III. Kl.: Stoff für Schürzen
IV. Kl.: Wolle für Binden
V.
Kl.: Stoff für Schürzen
VI. Kl.: Stoff für Leibröcke.
Dieses Engagement kommt nicht von ungefähr, denn was heute institutionalisiert und aus Steuergeldern finanziert wird, das war im 19. Jahrhundert weitgehend privater Initiative überlassen. Und basierte meist auf der kommunalen Stufe.
Noch die Verordnung betreffend das Volksschulwesen vom 31. März 1900 bestimmte in § 122: «Das gemäss dem erziehungsrätlich genehmigten Lehrplan obligatorische Arbeitsschulmaterial, und zwar sowol für die Uebungsstücke wie für die Nutzgegenstände, ist den Schülerinnen durch die Gemeinde unentgeltlich abzugeben. Hiebei sind nicht inbegriffen die Strick-, Näh- und Stecknadeln, Masstab, Nähkissen, Schere und drgl.»
Diese Ausschlussliste erklärt denn auch, weshalb ausgerechnet die obgenannten Gegenstände als Geschenke ausgewählt worden sind.
Von der allgemeinen Armenschule zu Handarbeitslehrgängen
Wie aber ist diese Nähschule entstanden? Nun, die Weiacher lebten auch im 19. Jahrhundert nicht im luftleeren Raum und so bekamen sie mit, dass andernorts sogenannte Armenschulen gegründet wurden, an denen finanziell nicht auf Rosen gebetteten Kindern praktische Fähigkeiten gelehrt wurden, die sie in ihrem späteren Leben nutzbringend anwenden konnten. Darunter fallen die damals als «Wehrli-Schulen» bezeichneten landwirtschaftlichen Internate (in der Tradition der bernischen Armenschule Hofwyl, die 1804 gegründet worden war).
Für junge Frauen hiess das: Arbeiten in Haus, Garten und Küche. Und vor allem Flicken und Anpassen von Kleidern. In der Landwirthschaftlichen Ortsbeschreibung Weiach von 1850 wird die Gründung einer Weiacher Handarbeitsschule erwähnt:
«Für die weibliche Jugend besteht schon seit 6 Jahren eine Nähschule, in der auf Erlernung der nöthigen weiblichen Arbeiten strenge gehalten u. wozu die Kinder der ärmeren Familien unter Bezahlung des Schulgeldes von der Armenpflege verpflichtet werden.» (Ortsbeschreibung 1850/51, Allgemeiner Theil, Bevölkerung)
An dieser Gründung (die wohl im Jahre 1844 erfolgt ist) dürfte der damalige Pfarrer Konrad Hirzel (ab 1843 in Weiach und Autor obiger Zeilen) zwar nicht ganz unschuldig gewesen sein. Ohne einen breiteren Konsens und die Überzeugung, damit entscheidendes gegen die weitverbreitete Armut zu tun, wäre diese Nähschule aber wohl nie aus der Taufe gehoben worden.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen