In den letzten Wochen sind gleich zwei Weiacher Institutionen eiskalt «coronisiert» worden: zuerst die Bundesfeier 2020 (samt Ansprache) und dann die Gemeindeverwaltung.
An diesen Schachmatt-Setzungen interessiert aus lokaler Sicht nicht so sehr der externe Anlass (eine Virenbedrohung, zu deren Gefährlichkeit die Meinungen bekanntermassen weit auseinandergehen), sondern vielmehr das Kommunikationsverhalten der politisch Verantwortlichen, sprich: des Gemeinderats.
Erklärung für Absage? Nicht nötig!
Am 13. Juli wurde unter der Rubrik Aktuelles auf der Website der Politischen Gemeinde Weiach die Absage zur Einladung publiziert. Ohne jeden Kommentar:
Natürlich konnte man sich in etwa denken, was der Grund gewesen sein muss. Es hat irgendwie mit Corona zu tun. Das braucht überhaupt keine Erklärungen mehr oder auch nur ansatzweise Erläuterungen. Es müsste ja, denken die Absender wohl, doch allen klar sein: Corona ist an allem schuld.
Auf Nachfrage beim für die Organisation zuständigen Mitglied des Gemeinderates war am 15. Juli zu erfahren, dass die «wiederum steigenden Corona-Fälle insbesondere auch im Kanton Zürich» Anlass zur Absage gegeben hätten.
Die hätten nämlich «dazu geführt, dass beim mitorganisierenden Schützenverein immer mehr Helfer abgesprungen sind, so dass der Anlass auch punkto manpower kritisch geworden wäre. Ausserdem haben auch alle Nachbargemeinden ihre Veranstaltungen abgesagt. Das Risiko, im Falle nur eines Corona-Falls anschliessend bis 300 Personen in Quarantaine zu setzen, war uns einfach zu gross. Ich bedaure diese Absage, aber die Vernunft musste sich durchsetzen.»
Und warum schreibt man das nicht als erklärenden Text zur Absage dazu? Kein Wort zu den Gründen auch im Mitteilungsblatt August 2020, weder auf Seite 10, wo man das obige Bild findet, noch sonstwo im Blatt. Das möge verstehen, wer will.
Die verhinderte Videobotschaft
Der geladene Festredner, der grünliberale Nationalrat Jörg Mäder aus Opfikon, hatte in weiser Voraussicht schon einmal angedeutet, dass er seine Ansprache bei einer Absage auch als Videobotschaft an die Gemeinde adressieren könnte. Aber auch diese ging den Bach hinunter, und zwar offenbar wieder wegen eines Kommunikationsversagens, wie auf Nachfrage von WeiachBlog beim zuständigen Gemeinderat am 27. Juli um 08:37 Uhr von diesem mitgeteilt wurde.
Inzwischen sei «klar, dass es keine Videobotschaft geben wird. Grund: diese hätte an die Bevölkerung kommuniziert werden müssen. Leider war das im Mitteilungsblatt aus terminlichen Gründen nicht mehr möglich. Deshalb wird darauf verzichtet.»
Ähmmm, ja? Die Informationen über eine Urnenabstimmung werden nicht mehr analog am Anschlagbrett ausgehängt (angeblich, weil der Kanton das verbietet, vgl. WeiachTweet Nr. 2987 vom 28. Juni 2020, 17:34 MESZ). Hier besteht man aber auf dem analogen Weg (mit digitaler Repräsentanz), sprich dem Mitteilungsblatt?
Sehr verehrte Gemeinderäte: Was ist das denn für eine Kommunikationslogik? Wie schlimm wäre es gewesen, wenn eure Mitbürgerinnen und Mitbürger vorerst nur über das Internet davon erfahren hätten? Das ist immerhin das offizielle Kommunikationsmittel (habt ihr am 16. Oktober 2018 selber so entschieden, vgl. WeiachBlog Nr. 1391).
Gerade eine solche Videobotschaft ist ja ohnehin nur online verfügbar. Was hindert die Gemeinde also daran, sie auch nur auf der Website zu verlinken – und dann in der Septemberausgabe per Internet-Link auf die Ansprache hinzuweisen? Wenn sie gut ist, dann ist sie es doch auch dann noch wert, angehört zu werden, oder?
Wir machen dicht und mauern...
Fast zeitgleich mit der Nachricht betreffend die Videobotschaft hat die Gemeindeverwaltung ein weiteres Müsterchen von Sprachlosigkeit in Corona-Zeiten geliefert:
Gemeindeverwaltung bis auf Weiteres geschlossen
27. Juli 2020 8:46
Liebe Einwohnerinnen und Einwohner
Der Schalter der Gemeindeverwaltung Weiach bleibt bis auf Weiteres geschlossen. Bitte kontaktieren Sie uns per Mail auf info@weiach.ch oder über die Homepage www.weiach.ch.
Wir danken für Ihr Verständnis und bleiben Sie gesund!
Gemeindeverwaltung und Gemeinderat Weiach
Selbst der Zürcher Unterländer schrieb darüber (am 28. Juli um 11:31), diese Nachricht habe «aufhorchen» lassen und «Raum für Spekulationen» geschaffen.
Die Beschwörungsformel heutiger Tage («Bleiben Sie gesund!») scheint als eine Art kommunikativer Allzweckwaffe zu dienen, wenn einem gerade nichts Besseres einfallen will.
Ab in die Quarantäne mit euch!
Innerhalb von 24 Stunden und unter dem gleichen URL (und deshalb ohne eine erneute Push-Nachricht über den E-Mail-Verteiler, dass ein neuer Text gepostet wurde) erschien dann doch noch eine Information, die diesen Namen verdient:
Gemeindeverwaltung bis und mit Mittwoch, 05. August 2020 geschlossen
28. Juli 2020 8:00
Liebe Einwohnerinnen und Einwohner
Innerhalb des Verwaltungsteams ist es zu einem bestätigten Coronafall gekommen. Wann genau in der vergangenen Woche sich die Mitarbeiterin angesteckt hat und wann das Virus effektiv ausgebrochen ist kann bei ihr nicht festgestellt werden, da sie keine Symptome aufweist. Alle weiteren Mitarbeiter haben sich ebenfalls testen lassen und zum Glück ein negatives Testergebnis erhalten. Da sie aber in direktem Kontakt mit der betroffenen Person standen, stehen sie gemäss den Weisungen des BAG ebenfalls für 10 Tage unter Quarantäne.
Die Gemeindeverwaltung bleibt aus diesem Grund bis und mit Mittwoch, 05. August 2020 geschlossen. Sie können die Gemeindeverwaltung per Mail unter info@weiach.ch oder über die persönlichen Mailadressen, welche auf der Homepage ersichtlich sind, kontaktieren.
Die Gemeinde Weiach bietet Ihnen ausserdem ein breites Angebot an Online-Dienstleistungen, welche Sie über die Homepage, www.weiach.ch, nutzen können.
Für unaufschiebbare Notfälle steht Ihnen während dieser Zeit von Montag bis Freitag, 09.00 bis 11.00 Uhr, unter 079 544 83 30, eine Hotline zur Verfügung.
Wir möchten darauf hinweisen, dass für die Besucher der Gemeindeverwaltung aufgrund der Sicherheitsmassnahmen am Schalter (Plexiglasscheibe), keine Gefahr besteht.
Wir danken Ihnen für Ihr Verständnis und bleiben Sie gesund.
Gemeindeverwaltung und Gemeinderat Weiach
Warum nicht gleich so? Wieso braucht man fast 24 Stunden für diesen Text?
Lustig ist übrigens, dass die auf der Startseite www.weiach.ch auffällig beworbene Spezialseite mit den «Corona Meldungen» auf genau diese Quarantäne-Meldung nicht hinweist und stattdessen behauptet: «Momentan sind keine aktuellen Meldungen vorhanden.». Obwohl man doch gerade auf dieser Seite angeblich «Alle Informationen der Gemeinde zur Entwicklung im Zusammenhang mit dem Corona-Virus» finden soll.
Fazit: In Sachen Kommunikation mit der Öffentlichkeit ist – wie man konstatieren muss – noch sehr viel konzeptuelle und inhaltliche Luft nach oben. Um es einmal nett auszudrücken.
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