Dienstag, 16. April 2024

Auf Betteltour in Würenlos gestorben

Wie wir am Samstag gesehen haben (vgl. WeiachBlog Nr. 2080) hat die Gemeinde Weiach anfangs der 1690er-Jahre ihren Dorfarmen mangels genügender Mittel in der Gemeindekasse und zugleich ausbleibender Unterstützung durch das Almosenamt der Stadt Zürich die Bettelfreigabe erteilt. An drei Tagen in der Woche durften namentlich bestimmte Arme vor den Häusern «heuschen». Ganz offiziell.

Solche aus Weyach stammenden Bettler zogen natürlich auch sonst im Land umher und versuchten sich auf diese Weise irgendwie über Wasser zu halten. Was nicht immer gelang:

«Heinrich Trüllinger von Wejach natus Ao 59. 3. Apr. gieng mit seiner Schwester bettlen, starb zu Würenlos, ward verbeümt und kein Kosten gfond, wyl Hr. Pfr. Brennwald sich der Armut der Kilch und Gmeind halber geklagt.»

Wenn jemand verbäumt wird

Das Verbum verbaume(n) bezeichnet laut dem Schweizerdeutschen Wörterbuch Idiotikon (Id. 4,1251) den Vorgang der Einsargung. Baumer wird ein Schreiner genannt, der Särge herstellt. 

Ein Sarg wird beerdigt und was danach folgt, wissen wir alle. Interessant ist deshalb die zweite Bedeutung dieses Wortes verbaume(n): «vermodern, morsch werden, ersticken, von Holz und andern pflanzlichen Stoffen; durch Alter verdorben werden, von Waren» (Id. 4,1253)

Endstation Otelfingen

Der obige Eintrag, datiert auf den 16. Februar 1694, ist im Sterberegister der Zürcher Grenzgemeinde Otelfingen im Furttal zu finden. Warum das so ist, erläutert ein Beitrag in der Zeitschrift Der Schweizer Familienforscher aus dem Jahr 1961:

«Das Sterberegister der reformierten Pfarrgemeinde Otelfingen (Staatsarchiv Zürich E III 87, 2) besitzt die Besonderheit, daß in ihm in Baden verstorbene Reformierte aufgeführt werden. Der Pfarrer von Otelfingen betreute nämlich auch die zu Würenlos in der damaligen Grafschaft Baden, jetzt Kt. Aargau, wohnhaften Reformierten. In Baden selber, das damals ganz katholisch war, durfte kein reformierter Gottesdienst gehalten werden auch nicht privat und nicht einmal für den Landvogt und die Tagsatzungsherren, obschon diese doch die Obrigkeit repräsentierten (vgl. Barth. Frikker, Geschichte der Stadt und der Bäder zu Baden, Aarau, Sauerländer 1880, Seite 300 ff.). Starb ein Reformierter in der Bäderstadt, so mußte seine Leiche in die nächstgelegene reformierte Gemeinde, und das war eben Otelfingen im Kanton Zürich, verbracht und dort bestattet werden. So wurden diese Todesfälle im Pfarrbuch Otelfingen eingetragen gewöhnlich mit dem Vermerk «von Baden aus bestattet», [...].»

Kostenübertragung abgewendet

Heinrich Trüllinger wurde also in Otelfingen beerdigt. Und zwar auf Kosten der Otelfinger! Wie aus dem Eintrag auch hervorgeht, gelang es dem Weiacher Pfarrer Brennwald (seit 1693 im Amt) nämlich erfolgreich, durch Hinweis auf die desolate Finanzlage der Kirchgemeinde Weiach, eine Kostenüberbindung abzuwenden. Sehr praktisch. So wurde nicht einmal Platz auf dem Friedhof im Oberdorf benötigt (den heutigen im Büel gibt es erst seit 1706).

Quelle
  • Schulthess, K.: Reformierte Ortsfremde im Sterberegister von Otelfingen 1650–1785. In:  Der Schweizer Familienforscher = Le généalogiste suisse. Band (Jahr): 28 (1961), Heft 3-5 – Hier: Nr. 109  Trüllinger. 16. Febr. 1694.

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