Dienstag, 20. Juli 2021

Luftaufklärung. Zum Flurnamen «Rodig» im Hard

Der heutige Weiacher Hardwald ist punkto Fläche nur noch ein kümmerlicher Rest dessen, was er noch vor zwei Jahrhunderten dargestellt hat.

Man vergleiche nur einmal die beiden nachstehenden topographischen Karten. Oben die sog. Wildkarte, die vor 1846 aufgenommen worden sein muss. Und unten die sog. Siegfriedkarte, die in den 1870ern im Auftrag der Eidgenossenschaft messtechnisch erfasst wurde. Der Unterschied ist augenfällig.


Zwischen dem heutigen Restbestand des im 17. Jahrhundert noch viel grösseren Weiacher Hardwaldes und dem Standort des Ofenhofs («Hint. Ofen» auf den obigen Karten) liegen zwei Ackerfluren, die in den nächsten Jahren unseres 21. Jahrhunderts durch den Kiesabbau beansprucht werden. 

Die ältere (d.h. früher gerodete) dieser Fluren heisst «Hardrütenen» und weist eine Art L-Form auf. Die jüngere, nördlich des Ofen gelegene nennt man «Rodig». In den unterschiedlichen Namen zeigt sich der Wandel der Sprache in den letzten zweihundert Jahren. 

Denn die Hardrütenen ist kurz vor der Mitte des 19. Jahrhunderts zu Ackerland umgewidmet worden, als sogenanntes «Armenland» (ca. 39 ha; der Umfang erschliesst sich aus dem Vergleich der beiden Karten oben). 

Letzte Rodungsaktion im Rahmen der Anbauschlacht

Die Rodig hingegen datiert kurz vor Mitte des 20. Jahrhunderts. Sie ist im Rahmen des Schweizer Anbauwerks entstanden (martialischer unter dem Namen «Anbauschlacht» oder «Plan Wahlen» bekannt). In beiden Fällen wurde zum jeweiligen Zeitpunkt dringend benötigtes Ackerland urbar gemacht.

In der LUBIS-Datenbank von Swisstopo findet man eine Luftaufnahme von 1940, die den Hardwald noch in dem Umfang zeigt, den er seit Mitte des 19. Jahrhunderts hatte (am unteren Bildrand der Ofenhof):


Die zweite Luftaufnahme, von der gestern bereits ein kleiner Ausschnitt vorgestellt wurde, stammt vom Sommer 1944 und zeigt den Zustand kurz nach den Rodungen, die durch Insassen des Arbeitslagers Zweidlen/Weiach ermöglicht wurden. Den Verlauf des alten Waldwegs (Rheinsfelderweg), der die direkte Verbindung ins Dorf Weiach darstellt, sieht man noch deutlich:


Anhand dieses Bildes wird der Zusammenhang zwischen dem Standort des Arbeitslagers und der sich in unmittelbarer Nähe befindlichen Rodungsfläche sehr deutlich.

Rodungsarbeiten erstreckten sich über einen längeren Zeitraum

Und noch etwas fällt auf, wenn man den Zustand vom 26. Juli 1944 mit dem heutigen Stand vergleicht. Das ehemalige Waldstück im Umfang von ca. 10 Hektaren, das heute Rodig genannt wird, ist nicht (wie von Willi Baumgartner-Thut in seiner Chronologie des 20. Jahrhunderts angegeben) bereits 1942/43 vollständig gerodet worden. 

Die westliche Ecke im Umfang von ca. 2.2 Hektar hat man erst nach Juli 1944 in Angriff genommen. Auf einer weiteren Luftaufnahme vom 28. Mai 1946 (vgl. Link in den Quellen) ist dann auch diese Fläche als gerodet erkennbar.

Und so präsentiert sich die Situation heute (mit nach Süden verlegter Hauptstrasse):

Quellen

  • Topographische Karte des Kantons Zürich (sog. Wildkarte), 1852-1867, StAZH PLAN A 4
  • Topographischer Atlas der Schweiz (sog. Siegfriedkarte), 1870-1926. [Hintergrundinfo Swisstopo]
  • Bundesamt für Landestopographie swisstopo (Hrsg.): 19405898010628  Luftaufnahme vom 10. Oktober 1940; 19440380030951  Luftaufnahme vom 26. Juli 1944; 19460020020024 Luftaufnahme vom 28. Mai 1946.
  • Baumgartner-Thut, W.: Chronologie des 20. Jahrhunderts. In: Weiach – Aus der Geschichte eines Unterländer Dorfes, Sechste, erweiterte Auflage. Ausgabe V6.36, April 2021 – S. 92. (PDF, 2.88 MB)
  • Situationsplan ARV Zürich, Stand 20.7.2021 [Link auf GIS ZH].

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