Montag, 19. Juli 2021

Arbeitslager Zweidlen/Weiach. Der Luftbildbeweis von 1944

Gestern Sonntag, 18. Juli um 10:26 landete Christian Sieber auf WeiachTweet per Kommentar einen Volltreffer. Der als Abteilungsleiter Nacherschliessung und Digitalisierung im Staatsarchiv des Kantons Zürich tätige Historiker hat im Zürcher Taschenbuch auf das Jahr 2009 bereits zum Thema Arbeitslager publiziert (dazu in einem späteren WeiachBlog-Beitrag).

Sein Hinweis ging auf ein erst in den letzten Jahren in den Werkzeugkasten der Historiker einsortiertes Tool von Swisstopo namens LUBIS, das treuen Lesern dieses Blogs nicht unbekannt vorkommen dürfte (vgl. WeiachBlog Nr. 1167 und 1168 von April 2014).

Sommer 1944

Sieber schreibt: «Im LUBIS-Viewer von swisstopo gibt es eine Luftaufnahme des fraglichen Gebiets vom 26. Juli 1944, auf der das Lager zu erkennen sein müsste

Und in der Tat: Eigentlich hätte ich schon aufgrund des Beitrags Nr. 1168 – mit Luftbild des Bunkers West (noch heute vorhanden) mitsamt Schützengrabensystem (längst wieder eingedeckt) – auf die Idee kommen können, das LUBIS zu Rate zu ziehen.

Es zeigt sich gerade bei Ereignissen der jüngeren Geschichte, dass Luftbilder auch heute noch aufklären können (und nicht nur damals einen zeitnahen militärischen Nutzen hatten). 


Auf der von Sieber erwähnten Aufnahme ist die Infrastruktur des Arbeitslagers Zweidlen/Weiach tatsächlich scharf abgebildet. Das Foto wurde am 26. Juli 1944 aus einer Flughöhe von 2600 Metern aufgenommen und hat eine so gute Auflösung, dass selbst ein kleiner Ausschnitt (wie der oben) noch viele Details zeigt. 

Wir sehen quer durchs Bild die Hauptstrasse Nummer 7 Basel-Winterthur mit ihrem damaligen Verlauf (2001 durch die Weiacher Kies AG nach Süden verlegt). Südlich der Hauptstrasse der Ofenhof mit seinen Wirtschaftsgebäuden und den Baumgärten. Und nördlich der Hauptachse – wie von Willi Baumgartner-Thut richtig verortet (vgl. WeiachBlog Nr. 1688) – die Baracken des Arbeitslagers. Nur die Gemüsebeete des Lagers liegen westlich des damaligen Verlaufs des Feldwegs Richtung Hardwald. Nach dem Krieg wurde der Feldweg dem Verlauf der Ackerflächen angepasst (vgl. Swisstopo-Karten 1956-1965 auf maps.zh.ch).

Herbst 1941

Wenn wir jetzt noch das Luftbild vom 16. September 1941 (Flughöhe 2550 Meter) zu Rate ziehen, dann wird klar, warum das Lager ausgerechnet an diesem Platz errichtet wurde. Denn diese Fläche war nicht intensiv landwirtschaftlich genutzt. Dort wo man die Baracken draufstellte, ging also wenig Anbaufläche verloren, was voll im Sinne des «Plan Wahlen» und seiner «Anbauschlacht» war.


Interessant ist das kleine Gebäude westlich der Stichstrasse nach Süden. Das war 1941 vorhanden, 1944 aber bereits nicht mehr. Worum es sich gehandelt hat, steht noch in Abklärung.

Quellen und Literatur

  • Luftaufnahmen 19410660210421 v. 16-09-1941 und 19440380030951 v. 26-07-1944. In: Bundesamt für Landestopografie Swisstopo (Hrsg.): LUBIS-Viewer.
  • Bach, M.: Polizeifotos und Flüchtlingsschicksale: Eine Spurensuche zu den Flüchtlingslagern im Kanton Zürich während des Zweiten Weltkriegs. In: Zürcher Taschenbuch auf das Jahr 2009. Zürich 2008 – S. 103-160.
  • Sieber, Ch.: Internierten-, Arbeits-, Emigranten- und Flüchtlingslager im Kanton Zürich 1933–1950. Eine Übersicht. In: Zürcher Taschenbuch auf das Jahr 2009. Zürich 2008 – S. 161-175. Aktualisierte Version vom 18. April 2009 auf der Website des Geschichtsvereins Adliswil.
  • Brandenberger, U: «Jugoslaven». Das Arbeitslager Zweidlen/Weiach im Jahre 1945. WeiachBlog Nr. 1688 v. 7. Juli 2021.
  • Brandenberger, U: Aus dem «Arbeitslager Zweidlen/Weiach» Entwichene. WeiachBlog Nr. 1695 v. 14. Juli 2021.
  • Brandenberger, U.: Emigranten und Flüchtlinge. Ein rechtlicher Unterschied. WeiachBlog Nr. 1696 v. 15. Juli 2021.

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