Samstag, 20. Mai 2023

Alles ÖKO, oder was? Vorsicht, Greenwashing

«Es ist auch für die stark gewachsene Gemeinde, nach langer Zurückhaltung bei Investitionen, an der Zeit einen ökologischen Fussabdruck zu leisten und für Vereine und Einwohner im Gleichgewicht eine neue Infrastruktur zu bieten.» (MGW, März 2023, S. 8)

Leistet das Projekt Zukunft 8187 dies tatsächlich? Oder wird einfach kräftig grüngewaschen, weil's halt so gut tönt?

Dazu das Orakel der Moderne, ChatGPT: «Die Formulierung "einen ökologischen Fußabdruck zu leisten" ist nicht falsch, aber sie kann missverständlich sein. Ein Fußabdruck wird normalerweise als etwas Negatives betrachtet, das minimiert oder reduziert werden sollte. Wenn jemand also sagt, dass er "einen ökologischen Fußabdruck leistet", kann dies implizieren, dass er etwas Schlechtes oder Schädliches für die Umwelt tut.»

Muss die sprachlich verunglückte Formulierung aus der Feder der Baukommission als sehr rudimentäres Verständnis für das Konzept «ökologischer Fussabdruck» gedeutet werden? Wenn schon, dann hätte von einer «Ökologisierung des ökologischen Fussabdrucks» die Rede sein müssen. Konkreter: der Reduzierung oder Verkleinerung des ökologischen Fussabdrucks. Ziel: Nicht mehr auf so grossem bzw. zu grossem Fuss zu leben. 

Neubau = Ökologischer?

Legen wir diese semantischen Korrekturen beiseite, dann wird die Sache aber auch nicht klarer. Denn ganz so einfach ist die immer wieder neu herausposaunte Position, man müsse nur neu bauen und schwups ist der Fussabdruck ökologischer, nicht zu beweisen. Da muss man schon genau hinschauen. Denn in der Regel ist es genau umgekehrt: der ökologische Fussabdruck wird durch das neue Bauwerk grösser.

Wurde für dieses Bauprojekt Zukunft 8187 eine Umweltverträglichkeitsstudie punkto Ressourcenverbrauch erstellt? Eine, die unabhängig und basierend auf anerkannten Standards den Nachweis erbringt, dass das zur Abstimmung geschickte Bauprojekt tatsächlich eine deutlich bessere Umweltleistung erbringt als eine Alternative, nämlich die Sanierung und massvolle Erweiterung/Ergänzung der propagandistisch gezielt heruntergeschriebenen bestehenden Infrastruktur (insbesondere Mehrzweckhalle und Altes Schulhaus)? Und zwar über den gesamten Lebenszyklus und alle abgedeckten Funktionen gesehen?

Ein riesiger Rucksack an grauer Energie

Man muss sich nur einmal vor Augen führen, was dieses Bauvorhaben konkret bedeutet. Auf einer Länge von rund 100 Metern wird der Boden tiefgreifend umgegraben, auf mehr als der Hälfte der Strecke müssen überdies bestehende Betonfundamente restlos abgegraben werden. Diese Arbeiten und Entsorgungsaktivitäten, vor allem aber die Erstellung der Fundamente und die Bereitstellung aller nötigen Baumaterialien für das neue Prestigeobjekt von der Stadlerstrasse bis zur Herzogengasse verschlingt enorme Mengen an Rohstoffen und Energieträgern. 

Der Rucksack an grauer Energie, der nur schon in der Bereitstellung der Grundstoffe und der Produktion von Beton, Stahl und Glas steckt, hat gewaltige Dimensionen. 

Sanieren ist besser als abreissen

Aus diesem Grund sind Sanierungen in vielen – wenn nicht in allen – Fällen deutlich ökologischer als Neubauten. Wenn es also nicht nur um Lippenbekenntnisse, sondern tatsächlich um den Schutz der natürlichen Umwelt gehen soll, dann belege man das ordentlich.

Beim Gesundheitsschutz gilt das übrigens genauso. In der FAQ-Sektion ‹Bestehende Bauten› wird u.a. die Frage gestellt: «Welche Nachteile und voraussichtlichen Folgen hat eine Sanierung der bestehenden Infrastruktur?» Vorteile sieht man natürlich nicht, das würde ja das Narrativ beschädigen. 

Dann wird noch mit einem besonderen Thema Angst verbreitet: «Bei einer Sanierung der bestehenden Infrastruktur sind unabsehbare Folgekosten nicht auszuschliessen. Aufgrund der Erstellungszeit der bestehenden Bauten ist das Vorkommen von Asbest sehr wahrscheinlich.»

Nun, sollte dem wirklich so sein, dann muss aber auch beim Abbruch der Kubatur im Rahmen des Neubaus sichergestellt sein, dass allfällige Asbestfasern nicht freigesetzt werden. Der Abbruch wird in diesem Punkt daher genauso teuer wie eine Sanierung. Oder hat es dann bei einem Ja am 18. Juni auf wundersame Weise plötzlich überhaupt kein Asbest mehr im Mehrzweckgebäude?

Holz aus Schweizer Wald

Und wie sieht's bei der zu verbauenden Holzkubatur aus? Wo immer das möglich sei, wolle man Schweizer Holz verwenden, liess die Baukommission verlauten. Plant der Generalunternehmer nun entsprechend so, dass Einheimisches überhaupt eine Chance hat? Oder nimmt man lieber etwas Billigeres aus dem Ausland?

Je nach vorgesehener Struktur (insbesondere Leimbinder) gibt es nämlich die dafür nötigen Holzsortimente nicht aus heimischen Wäldern, sondern nur als Importware. 

Das dann verbaute Holz wächst weder im Gemeindewald, noch wird es vor Ort zugeschnitten, auch die Sägespäne werden nicht für die kommunale Fernheizung verwendet. 

Und selbst wenn man auf FSC und andere Labels setzt: Ist sichergestellt, dass kein Holz aus den Urwäldern der ukrainischen Karpaten über kriegsbedingt dunkle Kanäle in die zuliefernden Sägewerke gelangt und am Schluss bei uns landet? 

Waren die Bauten der letzten Zeit etwa nicht ökologisch?

Abschliessend muss auch noch darauf hingewiesen werden, dass in den letzten Jahren – gerade auf dem Schulareal – keineswegs zurückhaltend investiert worden ist.

Was ist denn mit der energetischen Sanierung des Schulhauses von 1976? Versteckt sich hinter der weinroten Metallfassade etwa keine Umweltschutz-Investition? -- Was ist mit dem erst vor wenigen Jahren eröffneten Kindergarten Farbtupf? Will man den nun zur Fehl-Investition herunterdefinieren, obwohl er finanztechnisch noch nicht einmal abgeschrieben ist? -- Oder der Umbau der früheren Abwartswohnung und der ehemaligen Militärküche im Mehrzweckgebäude? Alles ebenfalls für die Füchse? Alles neu renoviert und trotzdem marode?

[Veröffentlicht am 22. Mai 2023 um 01:01 MESZ]

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