Weiach hat ja bekanntlich seit 1968 ein eigenes Ortsmuseum. Auch das Städtchen Eglisau hat seit 1977 eins, das Weierbachhus. Und in Oberweningen findet sich sozusagen die Mutter aller Unterländer Ortsmuseen, das bereits 1936 eingerichtete Heimatmuseum des Zürcher Unterländer Museumsvereins.
In unserer polyzentrischen Nachbargemeinde Stadel (mit den Siedlungskernen Raat, Schüpfheim, Stadel und Windlach) hat diese Beobachtung vor mittlerweile rund 40 Jahren dazu geführt, dass die Stimmberechtigten die Einrichtung einer eigenen Institution in dieser Richtung völlig entbehrlich fanden.
Das muss man zumindest einem Artikel der Neuen Zürcher Zeitung vom 22. Dezember 1984 mit dem Titel «Kein Ortsmuseum in Stadel» entnehmen:
«mth. Im Ortsteil Schüpfen in Stadel (Zürcher Unterland) wird es kein neues Ortsmuseum geben. Die mit rund 200 Anwesenden ausserordentlich gut besuchte Gemeindeversammlung lehnte nach sachlicher Debatte mit 107 gegen 87 Stimmen einen Antrag des Gemeinderates ab, für den Kauf der Liegenschaft Bucher 155 000 Franken bereitzustellen. Die RPK empfahl Ablehnung des Kreditgesuchs. Verschiedene Redner bekämpften den Antrag des Gemeinderates. Im Zürcher Unterland – selbst in der Nachbargemeinde Weiach – gebe es genügend Ortsmuseen, die rückläufige Besucherzahlen aufweisen. Auch seien die 55 000 Franken für die notdürftige Instandstellung des alten Dreisässenhauses zu niedrig bemessen. Andere Votanten setzten sich mit Vehemenz für den Erwerb des Hauses ein. Das ehemalige Bauernhaus als wichtiger Bestandteil des Weilers, wie es im Unterland kaum mehr zu finden ist, müsse als Zeuge der alten Zeit der Nachwelt erhalten bleiben. Davon liess sich die Versammlung nicht überzeugen und lehnte das Geschäft ab.»
Auf das Konzept kommt's an
In Schüpfheim hätte es also gestanden, das Stadler Museum. Gescheitert am Widerstand einer Rechnungsprüfungskommission und dem Argument, es würden sich ja gar nicht genügend Menschen dafür interessieren, die Tendenz sei sogar noch rückläufig. Wo die Votanten wohl diese Zahlen her hatten?
Für Weiach traf und trifft das jedenfalls nicht wirklich zu. Zu den wenigen Anlässen im Jahreslauf, für die unser Ortsmuseum seine Türen öffnet, hat sich noch immer eine Besucherschar gefunden, die mit ihrem Interesse zeigt, was der wahre Wert einer solchen Institution ist. Denn da geht es letztlich um Identitätspolitik, den Kontakt mit den eigenen Wurzeln. Da sind Zahlen Schall und Rauch.
Nur weil so ein Haus den Namen Ortsmuseum trägt, muss das noch lange nicht heissen, dass es davon zu viele gäbe. Es kommt ganz entscheidend auf das kuratorische Konzept an. Die Art, wie die zuständigen Personen die Sammlungen zu präsentieren verstehen, zählt dazu ebenso wie das Setting im Ort.
Zugpferd Gottfried Keller
In Glattfelden, unserer östlichen Nachbargemeinde, hat seit 1985 das Gottfried-Keller-Zentrum sozusagen die unique selling proposition – ihren berühmtesten Bürger, den Dichter und Staatsschreiber Gottfried Keller – zum Label erhoben. Das GKZ ist faktisch das Glattfelder Ortsmuseum, samt Dichterweg mit Erweiterung nach Kaiserstuhl und Schwarzwasserstelz.
Man muss halt die richtigen Ideen haben, liebe Stadler! Und sie dann beherzt umsetzen. Wie in Oberweningen, Eglisau, Glattfelden und bei uns.
Schüpfen. Aber nicht im Kanton Bern
- Höber, H.: Kein Ortsmuseum in Stadel. In: Neue Zürcher Zeitung, Nummer 299, 22. Dezember 1984 – S. 40.
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