Dienstag, 26. März 2024

Sie halten Nutztiere, haben aber nicht für ein einziges Futter!

«Weiach war eine arme Gemeinde», stellte Thomas Weibel 1995 in seiner Kurzbeschreibung fest. Und er erläutert auch, wie er zu dieser Einschätzung kommt: 

«1789 konnte nur noch der Müller sein Land mit einem ganzen Zug bestellen [Anm-488]. Viele Einwohner hielten Vieh, ohne über das hiezu notwendige Wiesland zu verfügen [Anm-489].»  Der Müller, das war damals der zürcherische Untervogt Bersinger, der bei weitem wohlhabendste Weiacher.

Martin Illi, der Verfasser des Eintrags Weiach im Historischen Lexikon der Schweiz, äusserte sich 2015 noch deutlicher:

«1590 verfügten zwei Haushalte über je zwei Gespanne, elf über eines und vier über ein halbes, 48 Haushalte hatten keine Zugtiere; 1789 besass dagegen einzig der Müller ein ganzes Gespann – dies deutet auf einen Verarmungsprozess hin.»

Wenn sogar der Pfarrer findet, seine Schäfchen sollten auswandern

Die Zürcher Obrigkeit sah es zwar im 17. und 18. Jahrhundert gar nicht gern, wenn ihre Staatsangehörigen den Beschluss gefasst hatten, auszuwandern und diesen dann in die Tat umsetzten. 

Wenn man allerdings berücksichtigt, dass unser Gemeinwesen zwar über viel Gemeindewald verfügte (und bis heute verfügt), jedoch im Verhältnis zur damaligen Einwohnerzahl viel zu wenig landwirtschaftliche Fläche bieten konnte, dann verwundert es nicht, dass viele mit den Füssen abstimmten. Nicht nur hiesige Handwerker, die sich mit den in ausserlandwirtschaftlichen Gewerben durch die städtische Zunftordnung massiv eingeschränkten Entfaltungsmöglichkeiten nicht abfinden wollten. Auch Landwirte samt Familien verliessen dauerhaft ihre Heimat.

Wieso auch nicht? Wenn selbst ihr Pfarrer Johann Rudolf Wolf seine durch die Auswanderungsbegeisterung ihrer Untertanen aufgeschreckten Vorgesetzten in der Stadt Zürich (Neuamtsobervögte und Ratsherren) darauf hinwies, dass im Jahre 1735 «aus diser ursach mehrere weggehen könten und soltend»! (Vgl. WeiachBlog Nr. 2056, letzter Abschnitt; sowie WeiachBlog Nr. 156 über die sog. Rabies Carolinae)

Wir sollten vielleicht Grenzen setzen...

Am grundsätzlichen Problem, dass sich in Weiach viel zu viele Kleinbauernfamilien über Wasser zu halten versuchten, hatte sich auch einige Jahrzehnte später nicht viel verändert, wie Johann Franz Freiherr von Landsee, der fürstbischöfliche Obervogt auf Schloss Rötteln im Jahre 1782 feststellte: 

«Es gibt bauren zu Weyach, die 3 ‑ 4 und mehr stuckh vich an küeh, kälber, geissen etc. halten und nicht für eines, sie zu ernähren, futter haben»

Daher überlegte er, Vorschriften einzuführen, «wie viehl stückh vich jeder burger nach maßgaab seiner besizenden matten, äckher, reeben, waldung etc. halten dörffe». (zit. n. Weibel 1995, Anm-489).

Quellen und Literatur

  • Wolf, J. R.: «Bericht von dem wahrhafften und eigentlichen zustand und beschaffenheit der gemeind Wyach» Weiach 1735 (Signatur: StAZH A 135.4, Nr. 164; v.a. Ziff. VIII)
  • Schreiben von Obervogt Freiherr von Landsee vom 13. Juli 1782, S. 4f. (Signatur: StAZH A 199.7, Fasz. 2452)
  • Weibel, Th.: Historische Kurzbeschreibungen der Siedlungen im Neuamt. Zürich 1995 – S. 53-56; insbesondere Anmerkungen 468 und 489.
  • Illi, M.: Lemma «Weiach». In: Historisches Lexikon der Schweiz. Version vom 11.01.2015

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