In diesem Schlagabtausch zwischen Reformierten und Katholiken ging es allerdings nicht so glimpflich aus für die Kaiserstuhler. Wie man dem Artikel «Kaiserstuhl» in Meyers Konversations-Lexikon von 1888 (Bd. 9, S. 370) entnehmen kann, wurde «Kaiserstuhl zu Beginn des ersten Villmergerkrieges (1655) von den Zürchern erobert, wobei verschiedene Gewalttaten vorkamen».
Das Wirtshaus muss daran glauben
Eine dieser Gewalttaten war die Brandstiftung an einem Wirtshaus vor den Toren der Stadt. Der Weiacher Pfarrer Hans Rudolf Erny schrieb im ältesten erhalten gebliebenen Weiacher «Kirchturmdokument» von 1659: «Als die Eivangirlischen ort wider die babisten loss gezogen», sei «ein schön wirtz huss vor Keiserstuhl gestanden, ist im sälbigen innemen verbrännt worden.»
Im Artikel Weiacher Geschichte(n) Nr. 70 wird angenommen, bei diesem Wirtshaus habe es sich um den heutigen Gasthof «Zum Weissen Kreuz» zwischen Bahnlinie und Hauptstrasse gehandelt.
Auch das Schultheissenhaus wird ein Raub der Flammen
Dass neben dem von Pfr. Erny erwähnten Wirtshaus auch noch weitere Gebäude den Flammen zum Opfer fielen, kann man einem Artikel von 1917 über das Haus zur Linde (zwischen Stadtmauer und Bahnlinie gelegen) entnehmen. Autor Alexander von Senger schreibt da:
«Auf den Ruinen der Burgbauten [vor den Stadttoren] wurde 1533 vom Stadtschultheißen Ergli [gemeint: Erzli] ein Haus auf der Stelle des heutigen Hauses Linde erbaut. Das Haus wurde 1655 von einer Zürcher Kompanie zu Anfang des ersten Vilmerger Krieges eingeäschert.
Von 1763-1767 wurde aus den Ruinen des alten Schultheißenhauses das hier beschriebene [und heute noch stehende] Haus Linde erbaut. Die Baukosten betrugen 90,000 alte Gulden [Fn-1].
Der Bauherr war der gestrenge Herr Mauricius Buoll, Statthalter von Kaiserstuhl. Das Haus wurde genau an der Stelle des alten Schultheißenhauses, zwischen der Ringmauer und der uralten Linde (1888 gefällt) aufgebaut.»
Bemerkenswert ist, dass es mehr als ein Jahrhundert dauerte, bis auf dem von den Zürchern 1655 verheerten Platz unmittelbar beim grossen Turm wieder gebaut wurde.
Mord an einer Linde
Die oben erwähnte Fussnote 1 erläutert das Schicksal dieses Baumes. Seine Existenz wurde ebenfalls durch ein Feuer frühzeitig beendet: «Die alte Linde befand sich südlich vom Hause, nördlich vom Pfarrgarten (früher Konventgarten). Die Linde und der Pfarrgarten befanden sich innerhalb des heute zum Hause gehörenden Gartens. In den 80er Jahren ließ der Pfarrer von Schuljungen unter der Linde ein Feuer machen, angeblich weil sie seinen Garten verschattete. Der Baum verdorrte und mußte umgehauen werden, er war fast 4 m im Durchmesser gewesen und bis zur Verbrennung noch völlig gesund.»
Quellen
- Turmdokument von 1659 verfasst von Pfr. Hs. Rudolf Erny, zitiert nach: Brandenberger U.: Weiach – Aus der Geschichte eines Unterländer Dorfes. Dritte, überarbeitete Auflage von Walter Zollingers «Weiach. 1271-1971. Aus der Vergangenheit des Dorfes Weiach». Weiach, 2003 – S. 31. (vgl. die Zitate in Weiacher Geschichte(n) Nr. 70 – Gesamtausgabe, S. 226, sowie Weiacher Geschichte(n) Nr. 56 – Gesamtausgabe, S. 152).
- von Senger, Alexander: Haus Linde - ein aargauischer Herrensitz aus dem 18. Jahrhundert. In: Das Werk. Schweizerische Zeitschrift für Baukunst, Gewerbe, Malerei und Plastik, Band 4, Heft 12 Dezbr. 1917, S. 194-195.
- Brandenberger, U.: 750 Jahre Nachbarschaft. Aus der gemeinsamen Geschichte von Kaiserstuhl und Weiach, 1255-2005. Weiacher Geschichte(n) Nr. 70 - S. 226