Samstag, 19. Juni 2021

Der Tod eines Berfingers oder die Tücken der Frakturschrift

Der Zürcher Unterländer pflegt die Tradition, in alten Ausgaben zu blättern und daraus interessante Begebenheiten an die heutigen Leser weiterzugeben. So war das auch am 27. Juni 2020. Auf Seite 2 unter der Rubrik «Samstag extra» stand:

«Vor 100 Jahren war in dieser Zeitung zu lesen:  [...]  Der 72-jährige Jakob Berfinger wurde in Weiach von einem wütenden Stier derart verletzt, dass er nach achttägigem Krankenlager an inneren Verletzungen starb.» (Bülach-Dielsdorfer Wochenzeitung, Ende Juni 1920; der 27.6.1920 war ein Sonntag)

Berfinger? Gemeint kann nur ein Bersinger sein, einer der bekannteren Namen alteingesessener Weiacher Geschlechter. Also f und s verwechselt. 

Wie kommt es zu einem solchen Fehler?

Mag sein, dass da tatsächlich eine Letter defekt war oder nicht gut aufs Papier des Archivexemplars gedrückt wurde, sodass das kleine Strichlein rechts unterhalb der Krümmung vermeintlich vorhanden ist. Dann wäre der Fehler verzeihlich. 

Ansonsten ist es einfach eine Peinlichkeit. Wer die vor hundert Jahren noch übliche Schrift nicht genügend gut beherrscht, der sollte wenigstens in der Wikipedia nachsehen

In der zuweilen gescholtenen Online-Enzyklopädie wird die Fraktur, die von Mitte des 16. bis Anfang des 20. Jahrhunderts die meistbenutzte Druckschrift im deutschsprachigen Raum war, nämlich hervorragend dargestellt. 

Insbesondere gibt es einen ganzen Abschnitt, in dem die Stolpersteine erklärt werden: «In Fraktur ungeübte Leser haben vor allem mit folgenden Buchstaben anfängliche Schwierigkeiten: [...]

  • Das lange s kann für ein f gehalten werden, es ist aber ein langes s (ſ). Es unterscheidet sich vom f (f) immer durch den ausgesparten kurzen Querbalken auf der rechten Seite, manchmal fehlt zur deutlicheren Unterscheidung auch der linke Querbalken.»

Keine Kommentare: