Freitag, 11. Juni 2021

Niemand soll on Erlauptnus Holz hauwen (Art. 19 GO 1596)

Wie angekündigt sind die in die älteste Gemeindeordnung (GO 1596) übernommenen Artikel der Holzordnung von 1567 das Thema der WeiachBlog-Sommerserie. In der Edition 1855 durch Friedrich Ott wird dieser zweite Teil mit den Worten eingeleitet:

«Volgende Articul sind uß dem Brief, so Anno 1567 durch Unser Herren von Zürich und die Nideren Grichtsherren zu Wyach ufgerichtet worden, ußgezogen:»

Mit dem Inkrafttreten dieser Forstpolizeiverordnung waren durch die Obrigkeiten klare Leitplanken gesetzt worden, um die Sache in geordnete Bahnen lenken zu können. Was die gnädigen Herren wollten, ist klar: weniger Gestrüpp und mehr Wertholz, oder wie man später sagte: «stammstolze» Waldungen.

Die wichtigste Regel: man benötigte nun eine Holzschlagbewilligung um im öffentlichen Wald holzen zu dürfen. Für den Privatwald gab es diese Regelung damals noch nicht.

Abschrift Ott 1855

Bei Friedrich Ott liest sich der Artikel 19 der Gemeindeordnung wie folgt: 

«Es soll ohne Erlaubtnus der vier geschworenen Dorfmeieren zu Wyach (welliche die Hauw jerlich bi iren Eiden ußgeben söllent) keiner, der sige in der Gemeind gesessen ald [oder]  nit, dhein [kein] Holz gar nit hauwen noch uß dem Holz füren, sonder ein jeder sich deß, so ihme von den Gschwornen im Winter Hauw gegeben und verordnet wird, vernügen laßen.»

Die Dorfmeier, eine Art Vorgängerfunktion der Gemeinderäte, mussten, wie sie es in ihrem Amtseid geschworen hatten, die Forstpolizei wahrnehmen. Am wichtigsten: die jährliche Vergabe der Winterschläge. Die mussten nun formal geplant werden. Nach welchen Kriterien wird zwar nicht beschrieben, aber erklären können mussten die vier ihre Entscheide natürlich gegenüber den Obrigkeiten (und dem Förster) schon.

Die einzelnen Schläge mussten also den Berechtigten angezeigt und deren Arbeit dann auch überwacht werden (dazu morgen mehr). Und die zum Holzbezug berechtigten Gemeindsgenossen wurden nun verpflichtet, sich an Orts- und Mengenvorgaben strikte zu halten. Die doppelte Verneinung «kein Holz gar nicht» macht das überdeutlich.

Transkription Weibel 1996

Das von Thomas Weibel 1996 in die Rechtsquellen Neuamt gesetzte Original der Holzordnung, die Pergamenturkunde StAZH C I, Nr. 2979 mit dem Titel «Verkomnus mit herren bischoffen zuo Costanntz unnd Johanns Melchior Heggentzenn, die gmeind Wyach belangende, 1567», wird vor dem ersten Artikel noch mit einem Erwägungsgrund verstärkt:

«Sidmalen bißhar unnder jro, der gmeind Wyach, deß holtzhows halb wenig ordnung gewesen, sonnder ein jeder darjnn gehowen das, so jm gefallen, unnd hiemit die wäldt zu nüti unnd abgang gerichtet, so sölle dasselb hiemit fry abgestelt unnd gentzlichen verpotten syn, also unnd dergestalt, das hinfüro one erlouptnuß der vier geschwornen dorffmeigern (welliche die höw jerlichen by jren eiden ußgeben söllen) deheiner [keiner], der sige jnn der gmeind gesessen ald [oder] nit, dhein holtz gar nit howen noch uß dem holtz füren, sonnder ein jeder sich deß, so jme von den geschwornen jm winterhow gegeben unnd verordnet wirt, genntzlichen vernügen lassen. 

Die Transkription von Weibel wird zu Vergleichszwecken zitiert, auch wenn sie materiell nicht von derjenigen von Ott abweicht. Sichtbar wird der Wandel in den Schreibgewohnheiten, von der Kanzlei, welche die Originalurkunde aufgesetzt hat, zu den Schreibern, welche den Inhalt in Kopialbücher abschrieben, die den Amtsträgern (z.B. dem Neuamtsobervogt) als Gesetzessammlung dienen sollten.

Vom Original der Holzordnung wurde übrigens 1595 auf Verlangen von Ludwig Tschudi, fürstbischöflicher Obervogt zu Kaiserstuhl, ein Vidimus erstellt, d.h. eine beglaubigte Kopie (vgl. u.a. StAZH C II 6 Nr. 467a). Auch Tschudi dürften diverse aus dem Ruder gelaufene Dinge aufgefallen sein. Und da ist es gut, wenn man die (eigentlich geltende) offiziell ratifizierte Rechtslage kennt. 

Quellen
  • Ott, F.: Offnung der Gmeind Weyach von Anno 1596 [14. Wintermonat 1596]. In: Zeitschrift für schweizerisches Recht, Alte Folge Bd. 4 (1855) – II. Rechtsquellen, S. 179-180. 
  • Weibel, Th.: Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen. Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Zweiter Teil: Rechte der Landschaft; Erster Band: Das Neuamt. Aarau 1996 – S. 389 [RQNA 180: Holzordnung].
Inhaltsübersicht zu Gemeindeordnung und Holzordnung
  • Brandenberger, U.: Inhalt und Überlieferung der Gemeindeordnung von 1596. WeiachBlog Nr. 879 vom 14. Juli 2010.
  • Inhalt der Holzordnung 1567 allein: WeiachBlog Nr. 1347 vom 25. Juli 2017.

Keine Kommentare: