Dienstag, 6. Juli 2021

Konstruktionsholz unter obrigkeitlicher Kontrolle (Art. 27 GO 1596)

Im gestrigen Beitrag (vgl. WeiachBlog Nr. 1686) zu Artikel 26 Gemeindeordnung von 1596 ging es um die jährlichen Brennholzschläge. Der darauffolgende Artikel 27 befasst sich mit dem, was man bei diesen Nutzungen jeweils übrigliess, nämlich den grossen Stämmen, also dem Bauholz oder Konstruktionsholz.

Dieses Bauholz war es letztlich, was die drei Obrigkeiten (Bürgermeister und Rat der Stadt Zürich, Fürstbischof von Konstanz und der Herr von Wasserstelz) 1567 dazu gebracht hatte, sich zusammenzuraufen. Denn diese grossen Stämme waren durch die unkontrollierte Nutzung in Gefahr, überhaupt nicht mehr nachwachsen zu können.

Wenn die Rechenherren bei ihrem Augenschein festgestellt hatten, dass die Weiacher Wälder über weite Flächen «schier nüt dann gstrüpp» seien, dann war das die Erkenntnis, dass der Niederwald zur vorherrschenden Nutzungsart geworden war. So wie das weithin auch im benachbarten Studenland der Fall war (das seinen Übernamen ja nicht umsonst trägt, vgl. WeiachBlog Nr. 1178).

Die Dorfmeier und der Weibel als Anlaufstelle

In der Holzordnung gibt es (analog zu den Artikeln 7 bis 9 zum Brennholz) zwei Artikel zum Bauholz. Art. 10 befasst sich mit dem Prozedere an sich und Art. 11 legt die Entschädigung für diese Arbeit fest.

In der Transkription der Originalurkunde durch Thomas Weibel liest sich das wie folgt:

«[10.] Wann ouch einer oder mer uß der gmeind buwholtzes mangelbar unnd nothurfftig weren, der unnd dieselben söllen zuo den geschwornen dorffmeigern unnd dem weibel gon unnd söllich holtz von jnen begeren; dieselben söllen dann, so sy befindend, das er deß holtzes nothurfftig jst, söllichs unns, den obern unnd nidernn grichtsherren, antzeigen. Unnd was dann jr jedem von unns zehowen bewilliget unnd zuoglassen wirt, darby sölle es blyben; unnd mit nammen alß dann einem jeden von den geschwornen antzeigt werden, wo er howen sölle. Unnd wo jm also zehowen bevolchen unnd bewilliget wirt, das sölle er howen unnd nit wyter, by zechen pfund pfenningen buoß.»

Wer also Bauholz brauchte und sich das nicht aus dem eigenen Privatwald beschaffen konnte, der musste sein Bauvorhaben von der Waldnutzungskommission beurteilen lassen. Wenn die vier Geschwornen und der Weibel der Meinung waren, es bestehe ein berechtigtes Bedürfnis, dann hatten sie Antrag bei ihren drei Obrigkeiten zu stellen. 

Höhe der Zuteilung wird von oben festgelegt

Ob es da einen gemeinsamen Ansprechpartner gab, oder die Weiacher tatsächlich alle drei Obrigkeiten separat benachrichtigen und von diesen je ihren Bescheid entgegennehmen mussten, ist hier nicht festgelegt. Es scheint jedenfalls so gewesen zu sein, dass eine Art Waldnutzungskonferenz bestand, wo sich die Obervögte (der zürcherische und der fürstbischöfliche) sowie der Herr zu Wasserstelz über die Holzschlagbewilligungen einigten. Gegen diesen Entscheid war dann auch kein Rekurs vorgesehen.

Die Obrigkeiten entschieden also, ob sie dem Antrag Folge leisten wollten und legten bei positivem Entscheid die Menge fest. Wo genau dann anzuzeichnen war (wie man das heute machen würde), das scheinen sie wiederum den Dorfmeiern überlassen zu haben. Die angezeichneten Bäume mussten den mit der Bewilligung Beglückten konkret zugewiesen werden. Ob damit gemeint ist, dass man ihnen im Wald selbst die Bäume zeigte, ist offen. Auf jeden Fall muss die Zuweisung derart unmissverständlich gestaltet worden sein, dass nicht versehentlich darüber hinaus geholzt wurde, denn sonst war eine hohe Busse von zehn Pfund fällig.

Keine Entschädigung, Trinkgeld erlaubt

In Artikel 11 wird explizit das Verbot ausgesprochen, für diese Wertholz-Zuteilung eine Entschädigung aus der Gemeindekasse auszuzahlen:

«[11.] Unnd so glych die geschwornen sampt dem weibel (wie obstat) hinfür frömbden oder heimbschen sonderbaren personen buwholtz zur nothurfft ußgebent unnd zeigent, söllenn doch weder sy noch andere uß der gmeind seckel gar nüt vertzeren, sonnder so der, dem sy das holtz geben, jnen ein vereerung thuon unnd jnen zuo essenn oder sonst ettwas geben will, das stat zuo desselbenn gefallen, doch der gmeind one schaden.»

Immerhin durfte der Nutzniesser der Holzschlagbewilligung (ob Weiacher oder Auswärtiger, d.h. vor allem Kaiserstuhler) den in dieser Angelegenheit tätigen Mitgliedern der Waldnutzungskommission für ihre Arbeit etwas zustecken. Dass die Höhe dieser Zuwendung nicht nach oben begrenzt war, lässt aber aufhorchen.

Artikel 27 «Buw Holz» keine exakte Kopie

In der Transkription von Ott aus der Mitte des 19. Jahrhunderts lesen sich die beiden Konstruktionsholzbestimmungen wie folgt:

«Wann auch einer mehr uß der Gmeind Buw Holzes mangelbar weren, der und dieselben sollent zu den geschwornen Dorfmeieren und dem Weibel gan und sollich Holz von inen begeren, dieselben sollent dann, so si befindent, daß er des Holzes nothdürftig ist, sollichs den oberen und nideren Grichtsherren anzeigen, und was dann von denselben ir jedem zu hauwen bewilliget und zugelassen wirt, darbi soll es beliben und mit Namen alsdann einem jeden von den Geschwornen anzeigt werden, wo er houwen solle; und wo im also ze houwen bevolchen und bewilliget wird, das soll er houwen und nit witer bi zehen Pfund Pfenningen Buß.

Und so glich die Gschwornen sambt dem Weibel (wie obstat) Frömden oder Heimbschen sonderbaren Personen Buw-Holz zur Nothdurft ußgebend und zeigend, söllent doch weder si noch andere uß der Gmeind Seckel gar nüt verzeren, sonder so der, dem si das Holz geben, inen ein Verehrung thun und inen zu eßen oder sonst etwas geben will, das stat zu desselben Gfallen, doch der Gmeind ohne Schaden.»

Wie man sieht, ist die Abschrift nicht eine wortlautgetreue Kopie des Urkundentexts. Wichtig war, den Sinn vollständig zu erfassen. Dass das nicht immer ganz gelungen ist, zeigt sich am ersten Satz «Wann auch einer mehr uß...», der «Wann auch einer oder mehr uß..» lauten müsste und nur so auf Anhieb verständlich ist. Ein Fehler des Kanzlisten im 18. Jahrhundert. Es sei denn, erst Ott habe sich beim Abschreiben vertan.

Quellen
  • Ott, F.: Offnung der Gmeind Weyach von Anno 1596 [14. Wintermonat 1596]. In: Zeitschrift für schweizerisches Recht, Alte Folge Bd. 4 (1855) – II. Rechtsquellen, S. 182. [vgl. RQNA 180: Holzordnung].
  • Weibel, Th.: Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen. Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Zweiter Teil: Rechte der Landschaft; Erster Band: Das Neuamt. Aarau 1996 – S. 390-391.

Inhaltsübersicht zu Gemeindeordnung und Holzordnung

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