Ein Fridhag (von frid, d.h. Einfriedung) ist ein Zaun, der für den Frieden im Dorf sorgen sollte. Ein solcher Zaun hatte nämlich «fridbar» zu sein, d.h. «hinreichend stark, um das Vieh vom Durchbrechen abzuhalten» (Weibel, S. 504).
Der Zaun verhindert den Ärger, den es zwischen Viehhaltern und Geschädigten gibt, wenn die Viecher sich anderswo als vorgesehen am Grünzeug bedienen. Auch der Zaun um den Bauerngarten war nie als Dekorationselement gedacht.
Im Schweizerischen Idiotikon wird der Fridhag etwas näher festgelegt auf: «Einfriedigung, 'Grenzzaun'; der Zaun um die Brachzelg, wo das Vieh weidete» (Id. 2, 1069).
Und im Deutschen Rechtswörterbuch (DRW) wird ein Friedhag kurz als «Grenz-, Dorf-, Flurzaun» bezeichnet. In diesem Eintrag des DRW wird auch auf die Weisthümer verwiesen, eine Sammlung von Rechtsquellen, begründet von Jacob Grimm.
Die Offnung der Küssaburg lässt grüssen
Im 1866 erschienenen Band 5 der Weisthümer ist u.a. die «Offnung des herkomens und der gewohnheit zue Küssenberg und des tals» von 1497 abgedruckt, also eine Quelle aus unserer unmittelbaren Nachbarschaft. Zu diesem «Tal» gehörten auch Leute in Wasterkingen, Günzgen, Stetten und Lienheim.
In § 17 (nach Zählung in den Weisthümern) wird verlangt, dass anlässlich des Kelgerichtstags (jeweils im Mai und im Herbst) die Leute von Bechtersbohl (Siedlung nahe bei der Küssaburg) zu befragen seien «bi dem aid, ob si iendert ieman hetten gesehen in fridhag howen» (GrW. V 220).
Aus dieser Beschreibung lässt sich schliessen, dass der Fridhag aus einer Art dichter Hecke bestand (vorzugsweise mit Dornengesträuch), die man natürlich nicht beliebig abschneiden durfte, sollte sie ihren Zweck erfüllen. Insofern hatte ein Fridhag auch die Funktion, das Vieh davon abzuhalten, von sich aus in die Wälder zu laufen und dort Schaden zu verursachen.
Schutz der Fridhäge nach altem Herkommen
Deshalb gibt es in der Weiacher Holzordnung von 1567 auch einen Artikel 12 zum Sachbereich Zäune. In der von Th. Weibel transkribierten Urkunde liest sich diese Bestimmung wie folgt:
«[12.] Unnd so dann die fridhäg by drü pfund pfenningen buoß verbant werden, unnd von den buossen zwen theil unns, den grichtsherrenn, unnd der dritt theil der gmeind gefolget, sölle es by demselben fürer beston unnd blyben.»
Das Verb bannen bedeutet «bei Strafe verbieten» (Weibel, S. 498). Die Fridhäge werden also mit einer Busse von 3 Pfund gegen Beschädigung, etc. geschützt. Was genau damit gemeint war, muss zum damaligen Zeitpunkt sonnenklar gewesen sein, da es der geltenden Praxis entsprach. Die Busse betraf wohl nicht nur diejenigen, die solche Häge beschädigten, sondern auch die geschwornen Dorfmeier, wenn sie in ihrer Aufsichtsfunktion versagten, untätig blieben und nicht dafür sorgten, dass die Fridhäge vor der Freigabe des Weidgangs instandgestellt werden.
Gemeinde an Bussgeld beteiligt
In der von der Zürcher Obrigkeit in eigener Regie erlassenen Gemeindeordnung 1596 wurde diese Bestimmung aus der Holzordnung unter der Überschrift «Fridhäg» zu Artikel 28. In der Transkription von Friedrich Ott liest er sich folgendermassen:
«Und sodann die Fridhäg bi drü Pfund Pfenningen Buß verbannt worden und von den Bußen zween Theil den Grichtsherren und der Drittheil der Gmeind gevolget, soll es bi demselben fürer bestan und beliben.»
Hier ist eine Bussgeldbeteiligung der Gemeinde vorgesehen. Pro Fridhag-Busse (oder pro im Fridhag gehauenem Bäumchen?) ging ein Pfund in die Gemeindekasse. Wie sich die restlichen zwei Pfund auf die Gerichtsherren aufteilten, ist in diesem Artikel nicht geregelt.
Weiacher Billigtarif
Wenn man diese Busse mit derjenigen vergleicht, die 1497 im Herrschaftskreis der Küssaburg galt, dann hatten die Weiacher vergleichsweise einen Billigtarif, vgl. § 36: «Item, welher der ganzen gemaind were, der ware sach ainen fridhag howen, der sol in leiden bi dem aid; und welcher also geleidiget wurt und im fridhag gehowen het, der bessert von jedem stumpen 10 Pfund.» (GrW. V 222)
Das Verb laiden bedeutet: melden, anzeigen. Geschworene Meier hatten also in jedem Fall Anzeige zu erstatten. Und hier wird eindeutig jeder einzelne gehauene Baum mit derselben hohen Busse belegt! Im Fridhag holzen war nördlich des Rheins also definitiv kein Kavaliersdelikt. Denn Bussbeträge oberhalb 9 Pfund zeigen, dass es die hohe Obrigkeit, d.h. den Landesherren, anging.
In Art. 7 des von Th. Weibel mit dem Titel Bussenliste für Verstösse gegen die Gemeindeordnung überschriebenen Dokuments von 1597 (RQNA Nr. 185, S. 414) wird Art. 28 GO 1596 bestätigt und präzisiert:
«Es soll ouch keiner dem annderen sinen hag oder zun, sy sigend jm eefaden oder anderen orttenn, hintragen oder ußrütten, sich daruß mit brenholtz wellen zu versechen, by straff beiden grichtsherren zu erlegen iij lib.»
Die Bussandrohung bleibt bei 3 Pfund. Aber es wird deutlich, dass das Holzen auch in einem privaten Fridhag verboten ist, egal ob innerhalb des Efadens (dem gesetzlich vorgeschriebenen Zaun um das Siedlungsgebiet bzw. zwischen den Zelgen) oder ausserhalb.
Quellen
- Ott, F.: Offnung der Gmeind Weyach von Anno 1596 [14. Wintermonat 1596]. In: Zeitschrift für schweizerisches Recht, Alte Folge Bd. 4 (1855) – II. Rechtsquellen von Zürich, S. 182. [vgl. RQNA 180: Holzordnung].
- GrW.: Weisthümer. Gesammelt von Jacob Grimm. (Gesamtwerk, Bd. 1 (1840) - 7 (1878)). Hier Bd. 5, hrsg. von Richard Schroeder. Göttingen 1866 – S. 219-220 u. 222. Übernommen aus Mones zeitschrift = Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, ZGORh 5 (1854) – S. 378-382.
- Schweizerisches Idiotikon. Wörterbuch der schweizerdeutschen Sprache. Zweiter Band. Frauenfeld 1885; Spalte Id 2,1069 publiziert 1889.
- Deutsches Rechtswörterbuch, Weimar 1914-2020. Online-Ausgabe
- Weibel, Th.: Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen. Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Zweiter Teil: Rechte der Landschaft; Erster Band: Das Neuamt [=RQNA]. Aarau 1996 – S. 391, 413, 498, 504.
Inhaltsübersicht zu Gemeindeordnung und Holzordnung
- Brandenberger, U.: Inhalt und Überlieferung der Gemeindeordnung von 1596. WeiachBlog Nr. 879 vom 14. Juli 2010.
- Inhalt der Holzordnung 1567: WeiachBlog Nr. 1347 vom 25. Juli 2017.
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