Sonntag, 15. Dezember 2019

Weiacher Schulhaus im Winter 1799/1800 abgebrannt?

Der Zweite Koalitionskrieg zwischen der Französischen Republik und der Allianz der Monarchen (Österreicher und Russen) hat in den Jahren 1799/1800 die Gemeinde Weiach schwer getroffen. Unter anderem brannte das Weiacher Schulhaus ab. Wo es stand, ist mit Quellen belegt. Wann der Brand sich ereignete und ob wirklich die Franzosen dafür verantwortlich waren, ist noch nicht geklärt.

Sekundärquelle 1: Memorabilia Tigurina

Friedrich Vogel, der das Zürcher Lexikon «Memorabilia Tigurina» weiterführte, hat die Auswirkungen 1845 wie folgt beschrieben:

«Ferneren großen Verlust erlitt die Gemeinde durch Einäscherung des Schul-, Gemeind- und Spritzenhauses, Plünderung in Haus und Feld, und besonders noch durch Einquartierung und Requisitionslasten.» (F. Vogel, Die alten Chroniken, 1845/57 – S. 818)

Ein Mehrzweckgebäude am Platz des heutigen Alten Gemeindehauses

Nimmt man die Formulierung «Schul-, Gemeind- und Spritzenhaus» zum wörtlichen Nennwert, dann handelte es sich bereits damals um ein kommunales Mehrzweckgebäude für Gemeindeverwaltung, Schule und Feuerwehr-Belange.

Gestützt wird diese Interpretation durch eine Primärquelle: die Antworten von Felix Baumgartner, damaligem Lehrer der Weiacher Schule, auf die Fragen der Stapfer-Enquête, deren Fragebogen von der helvetischen Zentralregierung im Januar 1799 verschickt wurden. Der Rückmeldung Baumgartners zufolge gab es damals kein separates Schulhaus (mehr), sondern nur eine Schulstube, die «gerade beym Pfarhauß» lag (vgl. seine Antwort auf Frage IV.15.b).

Aus dieser Angabe ergibt sich, dass das damalige Schulhaus wohl an der Stelle gestanden hat, an der heute das Alte Gemeindehaus von 1857 zu finden ist (ebenfalls ein Mehrzweckbau mit Feuerwehrmagazin, Arrestzellen, etc.).

Die Schulstube war wohl einer der grössten frei nutzbaren Räume in der Gemeinde. Ausserdem lag diese in nächster Nähe des Pfarrhauses, dem repräsentativsten Gebäude in Weiach. Eine militärische Nutzung als Wachtlokal und Standort der Führungsstaffel des im Pfarrhaus logierenden ranghöchsten Offiziers der fremden Truppen ist daher sehr wahrscheinlich.

Sekundärquelle 2: Dissertation Klinke

Willibald Klinke (1879-1963), Dozent am Lehrerinnenseminar in Zürich, hat in seiner 1907 publizierten Doktorarbeit einen weiteren Hinweis darauf gebracht, dass das Weiacher Schulhaus infolge der militärischen Einquartierung abgebrannt ist:

«Zur Zeit der Helvetik war der Mangel an geeigneten Schullokalen noch fühlbarer als vorher. Trotzdem das Vollziehungsdirektorium am 24. Juli 1798 anbefohlen hatte, „daß die zum öffentlichen Unterricht nötigen Gebäude nicht zu anderen Zwecken verwendet werden dürfen," [Fn-3] wurde eine große Zahl der Schullokale von den französischen Truppen requiriert und als Wachtstuben verwendet. In kleinern Dörfern war im Jahre 1799 oft keine Stube frei von Einquartierung; auch der Lehrer war genötigt, die seinige zur Verfügung zu geben, sodaß an solchen Orten die Schule eingestellt oder nur unter argen Störungen gehalten werden konnte. Die vom Militär benutzten Schulhäuser wurden arg beschädigt; einzelne gingen sogar in Flammen auf, so in Dübendorf, Weyach u. a. O. Zum Wiederaufbau abgebrannter Schulhäuser bewilligte die Verwaltungskammer unentgeltliche Abgabe von Baumaterialien, wie Holz, Kalk und Ziegeln; denn an eine Unterstützung der geschädigten Gemeinden mit Geld war in jenen Zeiten nicht zu denken. [Fn-4]»

Fn-3: Helvetische Akten, Staatsarchiv Zürich. K. II. 93.
Fn-4: Die Gemeinde Dübendorf erhielt vier Tannen zum Wiederaufbau des abgebrannten Schulhauses. (Helvetische Akten, K. II. 95. 9. Oktober 1800.)

Zeitpunkt des Brandes

Aus dem Versandzeitpunkt der Stapfer-Enquête (Januar 1799) und dem mutmasslichen Zeitpunkt zu dem Lehrer Baumgartner den Fragebogen ausgefüllt hat, kann man schliessen, dass sich der Brand wohl eher im Winter 1799/1800 ereignet hat. Es sei denn, Baumgartner habe ihn (wie der Stadler Lehrer Albrecht) bereits im Februar 1799 ausgefüllt und das Schulhaus sei kurz darauf – noch im Winter 1798/99 – zum Raub der Flammen geworden.

Quellen
  • Vogel, F. (Hrsg.): Weyach. In: Die alten Chroniken, 1845/57 – S. 818.
  • Klinke, W.: Das Volksschulwesen des Kantons Zürich zur Zeit der Helvetik (1798-1803). Dissertation, Zürich 1907 – S. 78-79.
  • Schmidt, H.R.; Messerli, A.; Osterwalder, F.; Tröhler, D. (Hrsg.): Die Stapfer-Enquête. Edition der helvetischen Schulumfrage von 1799, Bern 2015 – Nr. 629 Weiach, http://www.stapferenquete.ch/db/629.

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