Heutzutage würde man per Smartphone googeln und auf die richtige Fährte kommen, aber noch vor zehn Jahren stand einem das «Meinten Sie...?»-Helferchen nicht allgegenwärtig zur Seite – erst recht nicht in einer militärischen Übungsumgebung. Da sind von der Aussenwelt isolierte Netzwerke aus Sicherheitsgründen die Regel.
Die verzweifelt-genervte Frage nach «Öttägröttä» stellte in den Nuller-Jahren der Nachrichtenoffizier (Nof) des Stabes Infanteriebataillon 70. In diesem Verband (dem 1875 gegründeten «Seebataillon») waren traditionell mehrheitlich Zürcher eingeteilt, in der Armee XXI ab 2003 auch einige Weiacher (vgl. WeiachBlog Nr. 374). Damals u.a. der Verfasser dieser Zeilen. Per Ende 2017 wurde der Traditionsverband aufgelöst (vgl. www.infbat70.ch, die Website des Verbandes, welche die Erinnerung wachhält).
Operationsraum Mittelschweden
Für diese Stabsübung waren wir supponiert auf Hellblau umgespritzt worden: die Béretfarbe von UNO-Kontingenten, die einen Friedenssicherungseinsatz leisten.
Als Hintergrundszenario diente dasjenige von VIKING, einer regelmässig durchgeführten zivil-militärischen multinationalen Übung, organisiert von den schwedischen Streitkräften. Einsatzraum war – für die Schweizer Armee abgesehen von der Swisscoy im Kosovo völlig ungewöhnlich – eine ziemlich weitläufige Region in Mittelschweden.
In diesem «BOGALAND» (für: bogus) genannten fiktiven Umfeld lieferten sich verschiedene ethnische, religiöse und anderweitig definierte Gruppierungen einen immer wieder aufflackernden Kampf unterhalb der Kriegsschwelle. Das Drehbuch sah in dichter Folge Meldungen vor: von Anrufern der Übungsleitung beim beübten Verband eingespeiste Nachrichten. Auf die mussten Kommandant und Stab des Bataillons adäquat reagieren.
Kenne Deine Geografie!
Dabei zeigte sich, was Ortskenntnisse wert sind. Angehende Generalstabsoffiziere müssen nicht umsonst die ganze Geografie unseres Landes auswendig intus haben – bevor sie überhaupt in den Generalstabslehrgang I einrücken. Und zwar mitsamt relativer Lage von Orten, Tälern, etc. zueinander. Das hilft enorm.
Der erfahrene Offizier erkennt selbst übel zugerichtete hiesige Ortsnamen und kann sie auf der Karte verorten. In Schweden, da kennt man Stockholm und Malmö, dazu bestenfalls noch grössere Ansiedlungen wie Södertälje oder Örebro. Aber «Öttägröttä»?
Die mit dem Telefondienst betrauten Soldaten schrieben halt einfach auf, was sie hörten. Was dann zum oben zitierten Satz des Nof führte. Gefolgt von: «Schtärnesiech, lönd öi das wenigschtens buechstabiere!!! Susch finde-mer das niä!».
Die Stunden in Bogaland waren eine lehrreiche Erfahrung für alle Beteiligten. Nicht nur der Lektion in Ortsnamenkunde wegen. Auf eigenem Gelände kämpfen hat unbestreitbare Vorteile.
P.S.: Wie dieses «Öttägröttä» richtig heisst und wo es liegt, das weiss ich bis heute nicht.
Weblinks
- Drei Weiacher mit dem Inf Bat 70 im Einsatz. WeiachBlog Nr. 374 v. 1. Februar 2007.
- Website des Infanteriebataillons 70 (eingefroren auf dem Stand Ende 2017).
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