Mittwoch, 25. Dezember 2019

«Dasses es Ross patriotisch hätt gmacht...»

Theoderich, König der Goten, erklärte etwa 20 Jahre nach dem Ende des Weströmischen Reichs: «Religion können wir nicht anbefehlen, da es niemandem in den Sinn kommen wird, dass er gegen seinen Willen glaubt.» (Brief an die Juden, ca. AD 498, nach Charles de Montalembert)

Und trotzdem werden Religionen (und Staaten!) immer wieder instrumentalisiert, frei nach dem Motto «Wer nicht daran glauben will, muss dran glauben».

Anstelle einer staatstragenden Weihnachtsansprache veröffentlicht der Wiachiana-Verlag am heutigen Weihnachtstag die bereits gegen Ende August 2019 in ihren Grundzügen entstandene Einleitung zur Wiachiana Dokumentation Nr. 5 (mit demselben Titel wie dieser Beitrag):

«In der Ballade «Dynamit» von Mani Matter hält der Erzähler einem Anarchisten eine flammende Ansprache, die – nach des Erzählers Worten – geeignet gewesen wäre, ein Pferd zum Patrioten zu machen.

Diese Ballade ist aber auch eo ipso eine solche «Augustrede». Sie transportiert in Kürzestform alle Elemente dessen, was die Schweiz als Willensnation ausmacht.

Die Existenz als Willensnation beinhaltet auch, dass die Institutionen und ihre Symbole (wie bei Matter das Bundeshaus) nur so lange Bestand haben, wie der Wille des Souveräns – in der Schweiz das direktdemokratisch handelnde Volk – eben reicht.

Verliert das Volk diesen Willen, eine Nation zu sein, so verflüchtigt sich die Essenz der Schweizerischen Eidgenossenschaft: ihre Legitimation, die einzig aus dem Willen ihrer Staatsbürger, Gemeinden und Kantone erwächst.

In diesem Sinne steht das Bundeshaus eben wirklich nur auf Zeit. Und deshalb ist diese Ballade nicht etwa staatsgefährdend (wie man sie in anderen Staaten wohl verstehen würde), sondern geradezu staatstragend.

Die in diesem Band versammelten Ansprachen zur Bundesfeier, dem schweizerischen Nationalfeiertag (auch 1. August-Reden genannt), sind Ausdruck der immerwährenden Suche nach dem Sinn des eigenen Weges, der Selbstbehauptung und dem eigenen Platz im Gewoge der Zeiten. Es handelt sich dabei – um einen zeitgeistigen Begriff zu verwenden – um Identitätspolitik.

Mögen diese Reden dazu beitragen, die eigene Identität zu bewahren. Jenseits einer als ewiggestrig verschrieenen Strategie der Geistigen Landesverteidigung.

Trub, am Weihnachtstag 2019
Ulrich Brandenberger
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Die Dokumentation Nr. 5 enthält bislang unveröffentlichtes Bonus-Material aus dem Archiv des Ortsmuseums Weiach: die 1. August-Ansprache 1971 von Walter Zollinger. Den Link finden Sie in der Quellenangabe.

Quelle
  • «Dasses es Ross patriotisch hätt gmacht...». Ansprachen zum 1. August in der Gemeinde Weiach. Eine Zusammenstellung aus drei Jahrzehnten. Mit einem Vorwort versehen und herausgegeben von Ulrich Brandenberger. Wiachiana Dokumentation Nr. 5; 1. Auflage, Dezember 2019 – Einleitung, S. 3. (PDF, 88 S., 2.27 MB)

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