Sonntag, 29. Dezember 2019

Kirchenpflege mit eigenem Postdienst nach Zürich?

Der bislang älteste bekannte Hinweis auf einen Weyacher Postboten ist im Februar 1762 in den «Donnstags-Nachrichten» erschienen (vgl. WeiachBlog Nr. 1011 v. 22. Juni 2011). Als «Bott gen Weyach» fungierte damals ein Ulrich Baumgartner.

Im Inserat von 1762 ist nichts davon erwähnt, dass es sich um eine amtliche Vertrauensstellung handelt. Im 19. Jahrhundert war diese amtliche Eigenschaft oft Teil der Werbung bzw. Mitteilung an das ehrenwerte Publikum, das Post in Richtung Weiach verschicken wollte oder musste.

So ist dem Zürcherischen Wochenblatt vom 3. Januar 1822 unter der Rubrik «Verschiedene Nachrichten» zu entnehmen:

«8. Der E. Stillstand in Weyach hat den Johannes Rüdlinger von Weyach zum Bott nach Zürich gewählt. Derselbe kommt jeden Freytag Morgens frühe in Zürich an, und reist Mittags um 12 Uhr ab. Seine Einkehr ist bey Herrn von Birch oben an der Marktgaß.
Weyach den 27. Dec. 2821 [sic!].
Pfarramt Weyach.»

Der Setzer hat die Nachricht tatsächlich in eine ferne Zukunft vordatiert (vgl. Bild oben).

War Rüdlinger auch für den Gemeinderat als Zürich-Bote tätig?

Spass beiseite. Es stellt sich die Frage, ob Rüdlinger ausschliesslich der Bott der Kirchenpflege und des Pfarramts Weyach war oder auch als amtlicher Bote für die politische Gemeinde tätig war.

Bislang liegt zwar kein weiteres Inserat vor, das eindeutig belegen würde, dass Johannes Rüdlinger auch für den Gemeinderat nach Zürich reiste. Der Umstand aber, dass sowohl aus den frühen 1820er-Jahren wie derselben Periode zehn Jahre später Inserate in Zürcher Zeitungen zu finden sind, die ihn als Bott oder Bothe von Weyach bezeichnen ist ein starkes Indiz dafür.

Eine Verlängerung nach Bachs

Dass der Weiacher Pfarrer mit den Diensten seines Boten zufrieden war, und sich andere Pfarrer auch seiner bedienten, zeigt sich an einer Anzeige, die ein gutes Jahr später in derselben Zeitung erschien (Zürcherisches Wochenblatt, Nummer 14, 17. Februar 1823):

«14. Anzeige. Briefe oder andere Gegenstände in's Pfarrhaus Bachs gehörend, besorgt der Bothe von Weyach, welcher alle Freytage im Spezerey-Laden beym Pfauen auf der grossen Hofstadt seine Einkehr hat. 
Bachs den 12. Hornung 1823
Johannes Deck, Pfarrer.»

Wechsel der Weiacher Postablage in der Stadt und höhere Frequenz

In späteren Jahren wechselte Rüdlinger die Postablage-Stelle in Zürich, wohin man ihm die nach Weiach zu spedierenden Sachen bringen konnte:

«Johannes Rüdlinger von Weyach hat seit [..]m 20. Jenner 1832 seine Einkehr bei Georg Bühler hinter der Mezg.» (Züricher Freytags-Zeitung, Nummer 4, 27. Januar 1832, letzte Anzeige)

Und kurz darauf erhöhte er die Frequenz von einmal auf zweimal wöchentlich:

«Joh. Rüedlinger, Bott von Weyach, zeigt hiemit einem E. Publikum an, daß er von nun an alle Dienstag und Freytag nach Zürich kömmt und um 12 Uhr wieder verreist; seine Einkehr ist bey Metzger Bühler unten an der großen Hofstadt.» (Zürcherisches Wochenblatt, Nummer 44, 31. Mai 1832)

Nachträge vom 30. Dezember 2019

1. Von Jakob Meyer, der am 1. Januar 1835 vom Gemeinderat zum «gewöhnlichen Züricher-Freitags-Bott» ernannt wurde (vgl. Freitagszeitung vom 9. Januar 1835), ist nicht bekannt, dass er auch am Dienstag eine Tour nach Zürich gemacht hat. Wohl aber von einem seiner Nachfolger aus der Familie der «Poschtgriessers», der (wie Rüdlinger ab Mai 1832) zwei wöchentliche Touren nach Zürich machte.

2. Im Inserat von Pfr. Deck ist der «Pfauen» erwähnt. Heute ist das die volkstümliche Bezeichnung für den Platz an der Rämistrasse, der offiziell «Heimplatz» genannt wird, und an dem sowohl das Schauspielhaus Zürich wie auch das Kunsthaus Zürich liegen. Dass dieses damals noch weitgehend unbebaute Areal nach der Schleifung der Stadtmauern als Grosse Hofstadt bekannt war, ist durchaus plausibel.

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